Wenn es um Nachhaltigkeit im Unternehmen geht, werden häufig einzelne konkrete Handlungsfelder angesprochen- zum Beispiel Energieeffizienz in der Produktion, eine transparente Lieferkette oder der Einsatz umweltverträglicher Materialien. Diese Aspekte sind zweifellos auch relevant in dem Zusammenhang, besonders wenn sie auf Innovation zielen. Doch der stärkste Hebel, um Nachhaltigkeit umzusetzen, ist ein anderer: Es sind die Menschen im Unternehmen.
Nachhaltigkeit durchzieht die gesamte Organisation. Das Thema erfordert ein Umdenken in der Art und Weise, wie gearbeitet wird, ebenso wie eine Transformation der Geschäftsmodelle. "Daher ist es aus meiner Sicht notwendig, die wichtigste Ressource im Unternehmen einzubinden. Und das sind eben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", sagt Jörg Hambückers, Sustainability-Experte bei Microsoft. "Die Firmenkultur ist die Grundlage für jede Nachhaltigkeitsstrategie. Beides muss gemeinsam gedacht werden."
Wie eine Community Nachhaltigkeit vorantreibt
Was das konkret bedeutet, zeigt Hambückers am Beispiel von Microsoft Deutschland. Dort haben sich Interessierte in einer Community zusammengefunden, um sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Diese Community hat Hambückers mit seinem Kollegen Sebastian Friedrich aufgebaut und mittlerweile sind 500 Kolleginnen und Kollegen beteiligt. Sie alle denken aus eigener Überzeugung heraus über Themen wie Umweltschutz oder Diversität nach.
"Unsere Devise lautet: Nachhaltigkeit muss Teil eines jeden Jobs werden. Denn jeder kennt seine Aufgaben am besten und weiß, an welcher Stelle man ansetzen kann", so Hambückers. "Ein Produktdesigner kann darüber nachdenken, wie Produkte aussehen könnten, die Ressourcen schonen. Ein Software-Engineer kann sich mit Green Coding beschäftigen." Er berichtet sogar von Praktikanten und Werksstudenten bei Microsoft, die Projekte dazu angestoßen hätten. Wichtig sei, Nachhaltigkeit nicht an eine bestimmte Abteilung auszulagern oder auf ein Projekt zu beschränken. Sondern jeder Einzelne leistet seinen Beitrag.
Wie Nachhaltigkeit zum Selbstläufer wird
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Solche Initiativen können Anlass sein, dass sich engagierte Mitstreiter über Abteilungs- oder Teamgrenzen hinweg miteinander vernetzen. Innerhalb der Community bei Microsoft gibt es beispielsweise monatliche Calls, in denen Ansätze und Projekte ausgetauscht werden. Auf diese Weise werden Wissenssilos innerhalb des Unternehmens abgebaut. Die neuen digitalen Arbeitsweisen, die sich seit Beginn der Pandemie selbst bei kleinen und mittleren Firmen etabliert haben, unterstützen solche Konzepte.
Die Mitarbeiter-Community lädt regelmäßig Experten, aber auch Wissenschaftler außerhalb der Microsoft-Welt ein, die zum Beispiel über Kreislaufwirtschaft, die Verunreinigung der Meere oder die Folgen des Klimawandel sprechen. "Es geht erst mal darum, Grundlagen aufzunehmen", sagt Hambückers. "Dann verstehen die Leute, was es heißt, wenn Microsoft beispielsweise bis 2030 Carbon-negativ oder zu einer Zero-Waste-Company werden will."
Geteilte Führung - gemeinschaftliche Verantwortung
Dabei hilft der Trend, dass sich in der Arbeitswelt in den vergangenen Jahren zunehmend flache Hierarchien entwickeln. "Die Leute warten nicht mehr darauf, dass ein Manager über ihnen Entscheidungen trifft", so Hambückers. "Es geht eher um geteilte Führung, um eine gemeinschaftliche Verantwortlichkeit der Mitarbeitenden untereinander."
Auf der anderen Seite hat die Führungsebene aber auch eine tragende Rolle, wenn es darum geht, die Unternehmenskultur zu verändern. Sie muss Nachhaltigkeit glaubhaft vorleben und entsprechende Prozesse implementieren. Dazu zählen etwa Lernangebote, die ein breiteres Verständnis für konkrete Anforderungen fördern und erfahrbar machen, welchen Beitrag einzelne leisten können.
Wichtig ist dabei laut Hambückers, dass die Geschäftsführung sich darüber Gedanken macht, was authentisch ist und quasi zur DNA des Unternehmens passt. "Man darf sich nicht verkünsteln, sonst leidet die Glaubwürdigkeit."
Es ist in Ordnung, Fehler zu machen
Dazu trägt auch Offenheit bei. Es muss klar kommuniziert werden, wo schon Nachhaltigkeitsziele erreicht wurden und wo es noch Luft nach oben gibt. Das beinhaltet auch eine Fehlerkultur. "Das Thema Nachhaltigkeit ist ja noch relativ neu für viele Unternehmen", so Hambückers. "Die Unternehmen befinden sich quasi auf einer Reise. Und da ist es vollkommen in Ordnung, Fehler zu machen und diese offen anzusprechen."
Das betrifft auch sein Unternehmen. Hambückers räumt ein, dass Microsoft auf seinem Weg Rückschläge einstecken musste. So verzeichnete der IT-Anbieter drei Jahre lang eine leicht rückläufige CO2-Entwicklung, bis 2021 die Emissionen im Vergleich zu 2020 gestiegen sind. "Durch die Pandemie war der Trend dieses Jahr rückläufig, weil wir ein maximales Wachstum hatten, besonders in den so genannten Scope 3-Emissionen, die den Kauf und die Nutzung unserer Produkte und Services betrifft", erklärt Hambückers. Es sei aber wichtig, transparent damit umzugehen, um künftig noch mehr tun zu können. Wie einige andere Vorreiter hat sich auch Microsoft auf den Weg gemacht. Das Ziel ist klar definiert, bis 2030 CO2-neutral zu sein.
Unternehmen, die dabei engagiert vorgehen, steigern ihre Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt. So machen gerade Millennials ihre Entscheidung auch davon abhängig, wie engagiert ein Arbeitgeber unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten ist. "Wir sehen, dass junge Kolleginnen und Kollegen sich die Freiheit nehmen und ein Unternehmen wieder verlassen, wenn sie unzufrieden sind", sagt Hambückers. Daher sei es wichtig, dass ein Unternehmen bestimmte Werte auch verkörpere, um Talente auch langfristig zu halten.
Immerhin: Die Voraussetzungen sind günstig. Es gebe hierzulande generell ein sensibles Verständnis für Nachhaltigkeit, so Hambückers. Viele seien motiviert, ihren Teil beizutragen. Dies nicht zu nutzen, sei aus seiner Sicht töricht. "Man sollte seine Leute fragen: Wie seht ihr das Thema Nachhaltigkeit? Was können wir gemeinsam entwickeln?" Hambückers ist sich sicher: "Diese Impulse der Mitarbeiter*innen sind eine Chance, um Veränderungen voranzutreiben."
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