Ob es darum geht, neue digitale Geschäftslösungen umzusetzen oder Bestandssoftware zu modernisieren – ohne versierte externe Unterstützung wird es für Unternehmen immer schwieriger, IT-Projekte zügig umzusetzen und dabei alle Vorteile der Cloud auszuschöpfen. Innovationen müssen immer schneller umgesetzt werden und zudem stellt sich die Frage, wie die eigene IT-Landschaft vom Cloud-Migranten zu einem echten Cloud-Native werden kann. Andre Kiehne, verantwortlich für das Partnergeschäft von Microsoft in Deutschland, spricht im Interview über Anforderungen an und Stärken seiner neuen „Cloud-Native-Partner“.
Herr Kiehne, die Cloud ist zur Zeit das dominierende Paradigma der IT. Welche strategischen Ziele verfolgen Unternehmen mit der Cloud?
Kiehne: Cloud Computing ist eine Technologie und keine Person, kein mystischer Ort. Lassen Sie uns deshalb Cloud nicht personifizieren, das weckt immer Bedenken und Befürchtungen, sondern von Cloud Computing sprechen. Die Entwicklung ermöglicht es uns, private und berufliche Aufgaben wesentlich schneller, einfacher und agiler zu bearbeiten. Daher stehen Legacy-Modernisierung und Anwendungsinnovation bei fast allen Firmen oben auf der Agenda. Ich bin davon überzeugt, dass die Migration von Rechenzentren nicht der Kern der Cloud-Transformation ist, sondern nur ein Resultat. Treiber ist vielmehr die Modernisierung der Applikationslandschaften, wo wir mit unseren Partnern stark positioniert sind. Zusammen ergibt das ein Super-Momentum für die Digitalisierung – deshalb investieren wir in unser Partner-Ökosystem.
Foto: Microsoft
Hier setzt Microsoft auf neue „Cloud-Native-Partner“. Warum?
Kiehne: Inzwischen hat sich ein neuer Partnertypus herausgebildet, den wir als Cloud-Native-Partner bezeichnen. Diese sind zwar nicht zwingend alle in der Cloud geboren, aber darin versiert, haben viel in Cloud-Skills investiert und ihren Businessplan frühzeitig auf die Cloud ausgerichtet. Wir sehen, dass viele Unternehmen eng mit diesen Partnern zusammenarbeiten, um spezielle Softwareprobleme zu lösen, die Infrastruktur zu modernisieren oder digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das macht man nicht einfach neben dem Tagesgeschäft.
Was sind die wichtigsten Stärken der Cloud-Native-Partner?
Kiehne: Cloud-Native-Partner sind es gewöhnt, Projekte agil zu entwickeln und schnell vorzeigbare Ergebnisse zu bekommen. Sie setzen bei der Applikationsentwicklung auf moderne Tools, Cloud-optimierte Architekturen und Development-Methoden. Das alles reduziert die Projektdauer, setzt interne Kapazitäten frei und öffnet den Zugang zu Skills, die vormals nicht zur Verfügung standen.
Cloud Native ist nicht nur eine technische Disziplin, sondern braucht auch ein passendes Mindset und Organisationsstrukturen. Wie können sich Partner hier einbringen?
Kiehne: Insgesamt hat die Unterstützung sehr viel mit Enabling und Leidenschaft zu tun. Cloud-Native-Partner inspirieren oft den Kunden, wie er mit modernen Entwicklungsmethoden einen Mehrwert erzeugen kann. Zum einen unterstützen sie, wenn Entwicklerteams an der Seite der Kunden an der Transformation arbeiten. Das fördert den Wissenstransfer by Design in die interne IT. Zweitens geht es um Rapid Prototyping, um zu einem frühen Zeitpunkt und kosteneffizient relevante Lösungsansätze zu identifizieren. Dadurch erfährt der Kunde, dass sich Entwicklungszyklen und -Methoden komplett verändert haben, und hat schnell ein erstes Ergebnis zur Verfügung. Und drittens teilen Partner ihre Best Practices, die sie in anderen Projekten gelernt haben. Das alles inspiriert die Kunden, etwas möglich zu machen, was man vorher kaum für möglich gehalten hätte.
Cloud Native richtig nutzen
Skalierbarkeit, Container, Open-Source, Serverless, DevOps – die Möglichkeiten der Cloud machen neue Entwicklungsprozesse nötig.
Woran erkennen Unternehmen einen guten Cloud-Native-Partner?
Kiehne: Es geht in erster Linie um die Frage nach dem Ziel. Möchte der Kunde bestehende Infrastrukturen und Applikationen erneuern und transformieren, soll ein bestehendes Business-Problem gelöst werden oder geht es darum, ein neues Geschäftsfeld aufzubauen? Der optimale Partner führt mit dem Kunden Diskussionen, bietet Envisioning-Sessions an und nutzt Rapid Prototyping, um ein Gefühl für die Lösung zu erzeugen und diese zu visualisieren. Zudem muss der Partner klären, ob der Kunde in seiner Technical Readiness Nachholbedarf hat – das Thema Tech Intensity ist in jeder Organisation virulent und man muss sie wie eine Kultur ausbilden und fördern.
Was wäre Ihrer Meinung nach ein sinnvolles Projekt mit einem Cloud-Native-Partner, um den Hebel an der Legacy-Landschaft anzusetzen?
Kiehne: Die Kunden bewegen sich in verschiedenen Horizonten, von schnellen Projekten mit unmittelbarem Impact bis hin zu digitalen Geschäftsmodellen, um nach neuen Potenzialen zu streben. Die größten Herausforderungen finden sich interessanterweise in der ersten Ebene – herauszufinden, wie das Bestehende kurzfristig optimiert werden soll. Da sind unsere Partner mit ihrer Agilität sowie Beratungs- und Lösungskompetenz in der Cloud entscheidend.
Für die Modernisierung müssen Unternehmen die eigenen Strukturen anpassen und Voraussetzungen für die Cloud- Nutzung schaffen. Dabei sind oft große Provider im Spiel, welche die bestehenden Applikationsumgebungen managen. Wie gehen Sie mit dieser Konstellation um?
Kiehne: Die Outsourcer müssen ebenfalls ins Boot geholt werden, um die Transformation gemeinsam voranzutreiben. Ziel ist, Cluster zu bilden und das Wissen auszutauschen zwischen Beratern, Digital-Experten, Softwareherstellern, Cloud-Native-Partnern und Managed-Service-Providern. Wir sehen einen starken Shift zu diesem Partner-to-Partner-Ansatz, getrieben wiederum durch die Corona-Pandemie. Viele Organisationen haben erkannt, dass sie den Fokus konsequenter auf Agilität und Cloud richten müssen.
Microsoft hat in Deutschland bereits rund 30.000 Partnerunternehmen – wie gehen Sie hier mit der Cloud-Native-Perspektive heran?
Kiehne: Wir müssen Partner in die Lage versetzen, unsere Kunden gezielt zu unterstützen. Wir haben inzwischen mehr als 50 ausgewiesene Cloud-Native-Partner, eine gefüllte Pipeline und wir scannen den Sektor kontinuierlich. Vor allem besteht ein starkes Interesse, neben neuen Partnern auch die langjährigen und loyalen Partner an Bord zu holen. Aber es gibt keine Zielzahl – wir brauchen die Richtigen. Alle Partner befinden sich in der digitalen Transformation, die von der Kundennachfrage getrieben wird. Einige sind etwas weiter, andere haben noch ein Stück vor sich. Wir wollen sie nicht in ein Modell pressen, sondern müssen sie dort abholen, wo sie sich auf ihrer eigenen Reise befinden.
Wie unterstützen Sie die Cloud-Native-Partner auf dem Weg?
Kiehne: Mit dem Wachstum von Azure ist das Interesse gestiegen, die Plattform umfassend kennenzulernen. Zudem kommen IT-Dienstleister von einer Wettbewerber-Plattform, die ihre Azure-Kompetenzen ausweiten wollen – Stichwort Multi-Cloud. Generell verzahnen wir Partner eng mit unserem Engineering-Bereich, damit sie frühzeitig auf Entwicklungen Einfluss nehmen und davon profitieren können. Weiterhin beteiligen wir uns in der deutschen Community an MeetUps, Developer-Konferenzen und natürlich im Bereich Open Source. Die Nachfrage steigt, und wir wissen, dass wir die Partner bei der Weiterbildung unterstützen müssen, damit Kunden erfolgreich sind. Und wir erinnern sie an ihre Verantwortung, denn sie setzen die Digitalisierung Deutschlands um.
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